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Lange war Nachhaltigkeit für Nike ein Fremdwort. Während der große Mitbewerber Adidas schon länger die Hebel umgelegt hat, fuhr Nike sowohl bei der Materialwahl als auch bei der Transparenz entlang der Lieferkette mit angezogener Handbremse. Mit der Nike Next Nature Kollektion möchte der Marktführer jetzt aufschließen und hat parallel seine Nachhaltigkeitsstrategie „Move to Zero“ gestartet. Grund genug für uns genauer hinzuschauen und zu fragen „Wie nachhaltig ist Nike?“ und „Stellt Nike jetzt nachhaltige Sportmode her?“
Nachhaltigkeit bei Nike – Wie nachhaltig ist Nike Next Nature wirklich?
Wie immer bei unseren Statusberichten wollen wir hier objektiv an die Sache rangehen. Neben kürzlichen Skandalen zu vernichteter Neuware fällt eines vordergründig auf: Nike reduziert seine Nachhaltigkeitsbemühungen auf Material und CO₂. Lieferketten und Arbeitsbedingungen scheinen auf den ersten Blick keine große Rolle zu spielen.
Was ist Nike Next Nature?
Was direkt auffällt, ist ein kleiner aber feiner Unterschied zu anderen großen Markenantikern (Ja, sogar Amazon) Nike spricht nicht von nachhaltigeren Materialien, sondern ganz selbstbewusst von nachhaltigen Materialien. Leider ist das Feenstaub. Tatsächlich bestehen die Nike Next Nature Sneaker aus mindestens 20 % recycelten Materialien. Und enttäuschenderweise war’s das auch schon mit der Beschreibung. Beim Nike Court Vision Low Next Nature verrät Nike, weder welche Teile am Schuh aus recycelten Materialien bestehen, noch aus welchem Material. Sie pfeffern uns einfach die Zahl 20 % an den Kopf und erwarten, dass wir Verbraucher das kritiklos akzeptieren. Transparenz geht anders! Beim Airforce 1 Next Nature erfahren wir immerhin, dass die Außensohle recycelte Abfälle aus der Schuhherstellung enthält und die Innensohle aus recyceltem Plastik.
Da halten wir die Bezeichnung „nachhaltige Materialien“ für übertrieben. Bedeutet es am Ende nichts anderes wie „da ist irgendwo etwas Nachhaltiges drin“. In etwa zu vergleichen, wenn ich ein Glas sauberes Wasser in eine Klärgrube kippe und dann sage „Da ist Trinkwasser enthalten.“
Gar keine Antwort hat Nike auf die Frage der Recycelbarkeit am Ende des Produktlebenszyklusses. Schließlich ist der das größte Problem bei Sneakern – Das Mix aus verschiedensten Materialien lässt nämlich nur schwer bis gar nicht recyceln. Konkurrent Adidas ist hier sehr viel weiter (Stichwort: Futurecraft.Loop) und verwendet insgesamt bereits 91 % recyceltes Polyester. Dagegen wirken die 20 % bei einigen einzelnen Nike Modellen wie ein verzweifelter Versuch auch irgendwie mitspielen zu wollen.
Nicht direkt unter „Next Nature“ geführt werden andere Teile mit „nachhaltigen Materialien“. Hier finden wir einen wilden Mix aus verschiedenen Konzepten: Jacken mit 75 % recyceltem Polyester, Hosen mit 50 % Bio Baumwolle. Also alles war irgendwie „nachhaltig“ klingt.
Ein weiterer Minuspunkt: Nike setzt auf Baumwolle der Better Cotton Initiative. Wir halten dieses Label alleine schon für Greenswashing und stehen damit nicht alleine da. GOTS, Fairtrade, Cotton Made in Africa und sogar das C&A eigene Label #wearthechange schneiden bei Stiftung Warentest deutlich besser ab als BCI Baumwolle. Fairerweise wollen wir hier aber erwähnen, dass auch Adidas auf BCI Baumwolle setzt.
Move to Zero
Die Nachhaltigkeit-Initiative hört auf den Namen Move to Zero. Kern ist die Reduktion von CO₂ und Müll auf null zu reduzieren. Das klingt zwar gut, leider vermissen wir Meilensteine oder einen aktuellen Status. Nike verrät nicht, wie und wann sie das schaffen wollen. Andere große Unternehmen legen an der Stelle einen genauen Fahrplan vor. Bei Nike lesen wir lediglich ein Versprechen.
Unter diesem Dach wird auch das Refurbished, Recycling – und Spendenprogramm geführt
Die Glaubwürdigkeit darf, angesichts der Recherchen von NDR, die Zeit und der Flip-Redaktion, stark angezweifelt werden. Wer Neuware vernichtet, hat auch kein Interesse daran, Sneaker zu recyceln oder gar wiederaufbereitet zu verkaufen.
Arbeitsbedingungen bei Nike
Von Arbeitsbedingungen, fairen Löhnen ist bei Nike nicht die Rede. Zwar gibt es einen Code of Conduct, bei dem Nike seine Zulieferer verpflichtet, zum Beispiel niemanden unter 16 Jahren zu beschäftigen. Eine unabhängige Kontrolle gibt es nicht. Das muss zwar nicht unbedingt darauf hindeuten, dass der Konzern ausbeuterisch agiert, aber vom Marktführer erwarten wir hier eine klare, unmissverständliche Message und vor allem Transparenz. Diese Verschwiegenheit weckt einfach Misstrauen.
Aktiv gegen Kinderarbeit listet Vorwürfe und Reaktionen von Nike auf. Positiv ist zwar, dass es unangekündigte Kontrollen in den Fabriken gibt. Das wird überschattet durch die „Nichtreaktion“ auf schwerwiegende Vorwürfe der FLA (Fair Labor Association), dass in den Fabriken 1-2 % Kinder arbeiten.
Fazit: Nike Next Nature ist Greenwashing!
Nike betreibt hier Greenwashing. Hinter der vollmundigen Aussage „Wann immer du den Namen Nike Next Nature (NN) siehst, bedeutet das einen weiteren Schritt auf unserer Reise zu Zero Carbon und Zero Waste.“ meint Nike offensichtlich kleine Schritte – also wirklich winzige.
Goodyoueco.com bewertet Nike mit „It´s a start“. Das deckt sich mit unserer Meinung. Denn natürlich ist es schön, wenn große Konzerne umdenken, aber wie bereits erwähnt erwarten wir von einem Branchengiganten ein deutlich ambitioniertes Engagement.
Vor allem das konsequente Ignorieren von Kritik und Vorwürfen halten wir für nicht vertretbar.
Wir verstehen auch nicht den Mix aus nachhaltigeren und konventionellen Materialien. Dass es geht zu 100 % auf Recycling oder Naturmaterial zu setzen beweisen zahlreiche Fashion Labels. Gerade ein Gigant wie Nike hätte hier mehr Potenzial. Wir verstehen, dass es eine lange Reise ist, einen Konzern Richtung Nachhaltigkeit umzubauen, aber wenn man schon eine angeblich nachhaltige Kollektion mit dem klangvollen Namen Nike Next Nature launcht, sollte definitiv mehr drinstecken als 20 %
Video „Nike vernichtet Neuware“ aus ARD Panorama:
Wir leben in einer Zeit, in der wir auf nichts verzichten müssen und trotzdem nachhaltig leben können. Das einzige, was wir tun müssen ist, den Blickwinkel zu ändern und unsere Prioritäten gerade rücken.