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Vegan, Vegetarisch, Omnivor, Flexitarisch und was es sonst noch so alles gibt – Ernährung ist zu einem hochemotionalen Thema geworden. Hier sprechen die einen von Mord und ziehen irritierende KZ Vergleiche heran, die anderen werfen Veganern vor militant zu sein und alle missionieren zu wollen. Egal, wie und bei welcher Gelegenheit – beim Thema Ernährung fliegen die Fetzen. Wir möchten uns hier die emotionale Komponente ausblenden und uns auf Fakten beziehen und die Frage klären: Was ist nachhaltige Ernährung?
Wer sich ernsthaft mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz beschäftigt, kommt an nachhaltiger Ernährung nicht vorbei. Und ja, auch das sei zu Beginn schon erwähnt: vegane Ernährung ist ein Beitrag zum Klimaschutz.
Nachhaltige Ernährung – Wie nachhaltig leben Veganer?
Der Veganer, der sich ausschließlich von kanadischem veganem Käse, Rügenwalder Veggie-Schnitzel, Avocados und Südfrüchten ernährt, kann zwar auch keine perfekte Klimabilanz vorweisen, aber selbst diese Ernährung ist nachhaltiger und klimafreundlicher als von einem durchschnittlichen Fleischfan. Trotzdem ist Tierleid vermeiden nur ein Faktor von Nachhaltigkeit und auch als Veganer kann man sich prima regional und saisonal ernähren. Im Folgenden versuche ich zu erklären, wie nachhaltige Ernährung aussieht und was schädlich ist. Wenn Du planst auf vegane Ernährung umzusteigen, findest Du auf nachhaltig-vegan.de viele Tipps.
Export von Fleisch – Einmal um die ganze Welt!
Deutschland ist er drittgrößte Fleischexporteur der Welt. Es ist schon sehr fragwürdig, warum man ein Produkt in die halbe Welt exportiert, was jeder auf der ganzen Welt selbst herstellen könnte. Noch paradoxer wird es, wenn man sieht, dass wir einen nicht unerheblichen Teil nach Afrika exportieren. Dort machen wir den einheimischen Bauern mit unserem EU-Billigfleisch Konkurrenz und treiben so die Viehzüchter in den Bankrott – Wir berauben den Kontinent damit seiner Kaufkraft und um das zu kompensieren, statten wir Afrika mit Entwicklungsgeldern aus.
Das ist wirklich ein perverser Kreislauf, der einzig dafür da ist unseren Wohlstand zu sichern und das auf eine sehr egoistische Weise.
Wir exportieren übrigens unseren Überschuss dahin – oder deutlicher ausgedrückt: den Abfall. Weil wir in unserer Überflussgesellschaft daran gewöhnt sind, uns die Rosinen herauszupicken.
Noch ein Kreislauf, an dem ein Veganer nicht teilnimmt und somit deutlich nachhaltiger lebt.
Immer noch nicht kurios genug?
Wir exportieren nicht nur – Nein wir importieren auch. Weil es Verbraucher gibt, denen 1,99 € für 500 Gramm Chicken-Nuggets aus der Kühltheke immer noch nicht billig genug sind – Also importieren wir Fleisch von irgendwo. 3.360.000 Tonnen waren das 2020. (Quelle: Statista)
Und wo wir gerade bei sinnentleerten Wirtschaftskreisläufen sind…
Soja-Anbau und Regenwaldabholzung
Es vergeht keine Diskussion zu dem Thema, ohne dass irgendein mit Halbwissen bewaffneter Fleischfan diese Karte zieht. „Für Euren Soja, wird Regenwald abgeholzt“
Das ist falsch! Richtig ist zwar, dass große Flächen Regenwald für den Soja-Anbau weichen müssen, aber von diesem Soja wandert gerade mal 2 % in unsere Nahrung. 18 % werden zu Sojaöl und Biodiesel – aber der Löwenanteil: 70-75 % wandert als Schrot in das Tierfutter (Quelle: Albert-Schweitzer Stiftung). Ja, genau – Tiernahrung. Wir importieren jährlich 4,5 Mio. Tonnen Futtersoja.
Das Perverse an der Geschichte ist, dass wir den Regenwald vernichten, der unser Klima reguliert, stattdessen Tierfutter anbauen, welches wir quer über die Welt nach Deutschland importieren – damit unsere Tiere füttern, um einen erheblichen Teil davon wieder in andere Ecken der Welt zu exportieren. Was für ein Kreislauf!
Deutlicher als durch dieses Paradoxon kann man eigentlich nicht ausdrücken, wie sehr einem Klimaschutz am Arsch vorbeigeht und wie gerne man Mutter Natur in den Vorgarten koffert. Noch gar nicht berücksichtigt ist hier das Gensoja samt Glyphosat, was seinen Teil zum Insektensterben beiträgt und in Südamerika fröhlich überall eingesetzt wird und damit Mensch und Umwelt kontinuierlich vergiftet. Der Soja, den wir Veganer so futtern, kommt meist aus Österreich oder Frankreich. Trotzdem sollten wir beachten, dass der Soja-Anbau als Monokultur alles andere als nachhaltig für den Boden ist.
Monokultur und Soja
Soja wird meist als Monokultur angebaut und die vegane Ernährung besteht tatsächlich zum großen Teil aus Soja (Tofu, Sojamilch, Joghurt, Soja-Flocken, Soja-Granulat…)
Immerhin stammt das Soja in unseren Läden aus biologischem Anbau. Nachhaltige Ernährung sieht aber dennoch anders aus. Fakt ist aber auch, dass man seinen Eiweißbedarf mit anderen, deutlich nachhaltigeren Pflanzen decken kann. Zum Beispiel: Erbsen, Linsen, Bulgur, Couscous, Amarant, Buchweizen, Kichererbsen oder Lupine.
Die Lupine, die ich erst kürzlich für mich entdeckt habe, scheint gerade ihren Siegeszug anzutreten. Ich finde das großartig! Nicht nur, weil sie in Bezug auf Eiweißgehalt und Kalorien dem Soja mal so richtig aufs Maul haut (fast die Hälfte ist Eiweiß), sondern auch alle essenziellen Aminosäuren enthält, auf heimischem Boden wächst und dazu noch dem Ackerboden gut. Ach ja – und schmeckt geil! Alberts / PurVegan macht leckere Sachen damit und auch der Joghurt von Made with Luv ist ein Gaumenschmeichler.
Anbaufläche – Fleisch frisst Land
Bei einer wachsenden Weltbevölkerung stellt sich natürlich immer die Frage, wie wir eine nachhaltige Ernährung sichern können.
1,4 Milliarden Hektar Ackerland haben wir auf der Erde. Möchten wir keinen Wald abholzen, müssen wir mit dem Boden auskommen, den wir haben. Das bedeutet: 2000 Quadratmeter stehen rechnerisch jedem Menschen auf dieser Welt zu. Das Weltacker-Projekt hat gezeigt, wie knapp dieser Platz ist. Wir Europäer importieren jährlich 30 Mio. Hektar virtuelles Ackerland. Damit stehlen wir die Fläche anderen Menschen – Das heißt, radikal formuliert: Europa tötet jährlich 15.000 Menschen!
Jetzt muss man verstehen, dass es 10-30 Kalorien braucht, um 1 Kalorie Fleisch zu erzeugen. Damit steht fest: Pflanzen machen mehr Menschen satt als Fleisch.
Ein 200 Gramm Steak hat ca. 400 Kalorien und deckt damit noch nicht einmal ein Viertel des Tagesbedarfs. Um das zu erzeugen, benötigen wir ca. 10 Quadratmeter Ackerfläche. Auf gleicher Fläche könnte man auch 40 Kilo Kartoffeln anpflanzen und hätte damit 15.400 Kalorien zur Verfügung und könnte damit 7 Menschen einen Tag lang ernähren. Man könnte auch sagen: An einem Steak klebt das Blut von 7 Menschen.
Der Wasserverbrauch ist hier noch nicht mal berücksichtigt. (Studie Fleisch frisst Land vom WWF)
Wir opfern nicht nur wir die Fläche für die Fleischproduktion, sondern Fleischkonsum ist auch noch ein gemeiner Klimakiller:
Massentierhaltung
Ein wesentlicher Teil an der weltweiten CO₂-Emissionen verursacht die Massentierhaltung. Dieser Wert ist zwar in oben genannter Studie bereits berücksichtigt, ich möchte es hier wegen des Tierwohls als separaten Punkt aufführen.
753 Mio. Tiere leben und sterben in Deutschland in der Massentierhaltung. So leben zu viele Tiere auf viel zu wenig Raum, damit sie sich nicht gegenseitig verletzen, werden Hörner, Schwänze, Krallen meist ohne Betäubung entfernt und weil diese bemitleidenswerten Kreaturen anfällig für Krankheiten sind, werden sie mit Antibiotika voll gepumpt. Niemand, der diese Zustände einmal gesehen hat, wird wohl behaupten, dass das den Tieren nichts ausmacht.
Kommt man auf dieses Thema, wehren alle Fleischesser fast immer reflexartig mit einem Argument ab „Ich esse nur Biofleisch“ – Das würde bedeuten, dass 100 % aller Fleischesser, 2 % Marktanteil ausmachen? Merkwürdige Rechnung.
An dieser pervertierten Abart der Industrialisierung nimmt der Veganer jedenfalls nicht Teil.
Nachhaltige Ernährung ist klimafreundlicher
Das ist erst mal Fakt! Eine Studie der Universität Oxford gibt eine ganz klare Antwort: Fleischesser produzieren 2,5-mal mehr CO₂ als Veganer. Berücksichtigt wurden alle von Produktion über Transport bis zur Verdauung produziertes CO2 (mehr dazu auf Klimaretter.info)
Hoher Fleischverzehr (mehr als 100g/Tag) = 7.26 Kilo CO2
Niedriger Fleischverzehr (weniger als 50g/Tag) = 4,67 kg CO2
Fischverzehr = 3,94 kg CO2
Vegetarier = 3,85 kg CO2
Veganer = 2,94 kg CO2
Sind Veganer jetzt bessere Menschen oder nicht?
Einfach auf Fleisch verzichten, macht noch keinen nachhaltigen Konsum aus. Grundsätzlich ist vegane Ernährung nachhaltiger – aber das befreit uns Veganer noch lange nicht, unseren Konsum immer wieder erneut auf den Prüfstand zu stellen. Eine Avocado aus Peru ist nicht nachhaltig – ebenso wenig wie eine Banane aus Ecuador. Nur weil ein Produkt keine tierischen Bestandteile hat, ist es nicht automatisch nachhaltige Ernährung.
Wir leben in einer Zeit, in der wir auf nichts verzichten müssen und trotzdem nachhaltig leben können. Das einzige, was wir tun müssen ist, den Blickwinkel zu ändern und unsere Prioritäten gerade rücken.