Stehen bald frittierte Grillen oder Wurmburger auf unseren Speiseplan? In vielen Regionen der Welt ist das Normalität – Bei uns löst der Gedanke an Insekten Ekel aus. Trotzdem kommen auch in Deutschland immer mehr Lebensmittel aus oder mit Insekten auf den Markt. Ist das jetzt ein Food-Trend für irgendwelche Snobs oder eine echte nachhaltige Alternative zu Fleisch? Wir schauen uns das mal genauer und vergleichen Insekten vs Fleisch.
Fest steht jedenfalls: Bei unserem aktuellen Fleischkonsum werden wir die bald 10 Milliarden Menschen auf diesem Planeten nicht ernähren können. Genau wie Clean Meat können Insekten ein wesentlicher Teil einer Lösung sein.
Wir beschäftigen uns an dieser Stelle nicht mit dem moralischen Aspekt. Denn für mich als Veganer kann ich nur schwer einen Unterschied zwischen Kuh und Grille machen. Hier schauen uns hier lediglich die Fakten bezüglich Co2-Emissionen, Fläche, Ressourcen, Inhaltsstoffe an. Also ein rein nüchterner Vergleich Insekten vs Fleisch.
Das Duell: Insekten vs Fleisch
Die Verordnung der EU aus dem Januar 2023 erlaubt die Beimischung von Insekten in Lebensmitteln. Das stößt zwar bei gewissen, engstirnigen Gruppierungen auf wütenden Protest, ist aber eine gute Sache. Und ganz ehrlich, sollte Ferrero sich dazu entschließen, wirklich Insekten in seine Milchschnitte reinzurühren, wäre das für die Nährwerttabelle ein ganz klares Update. Dahinter steckt natürlich die Überlegung Nahrungsmittelsicherheit zu gewährleisten, denn machen wir uns nichts vor: in einer Zeit von wachsender Weltbevölkerung auf der einen Seite und dürre und klimawandelbedingten Ernteausfällen auf der anderen Seite, ist es höchste Zeit unsere Ernährungsgewohnheiten zu überdenken. Den Verbraucher schrittweise an Insekten als Lebensmittel heranzuführen, ist daher gut und richtig.
Inhaltsstoffe
Insekten sind Eiweißbomben. Im Schnitt sprechen wir hier von 60 % und 5 bis 11 % Ballaststoffe. Auch der Anteil an ungesättigten Fettsäuren ist gut (zwischen 8 und 15 Gramm auf 100) Hinzu kommen Mineralstoffe und Vitamine ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe. Je nach Insekt variieren diese Werte, liegen aber relativ dicht beieinander (Quelle: Insektenwirtschaft.de).
Bei Fleisch ist das etwas anders. Je nach Tier, Körperteil und Haltungsform schwanken die Werte extrem. Der Proteingehalt liegt im Schnitt zwischen 20 und 30 Gramm. Das Fett ist von unter einem Gramm bis 30 Gramm alles dabei.
Insekten vs Fleisch: Nährwerte
Wir haben das hier mal als Tabelle in den direkten Vergleich gesetzt. Fairerweise muss man aber sagen, dass wir die unverarbeiteten Lebensmittel vergleichen, da Insekten aber aktuell nur verarbeitet angeboten werden, verschieben sich die Werte am Ende. Dieser Vergleich ist aber schwer, denn mit welchem Fleischprodukt vergleicht man Pasta aus Insektenmehl? Weiter vereinfacht haben wir die Fleischkategorien – natürlich wissen wir, dass es auch darauf ankommt, welcher Teil des Tieres verzehrt wird.
je 100 Gramm | Mehlwürmer | Buffalowürmer | Grillen | Rindfleisch | Schwein | Geflügel |
Brennwert (kcal) | 550 | 484 | 458 | 200 | 167 | 127 |
Fett | 37,2 | 24,7 | 18,5 | 9,1 | 10 | 4,5 |
davon ungesättigte Fettsäuren | 9 | 8 | 7 | 5 | 9,3 | 1,5 |
Eiweiß | 45,1 | 56,2 | 69,1 | 25,9 | 18 | 20 |
Kohlehydrate | 5,4 | 6,7 | 0 | 3 | 1 | 1 |
Die Tabelle zeigt eines deutlich: Bei Brennwert und Eiweiß haben Insekten klar die Nase vorn. Der Brennwert von Fleisch ist deutlich niedriger. Klar, zu einem vollständigen Gericht gehören ja auch noch Beilagen. 100 Gramm Insekten sind also schon eine solide Mahlzeit – 100 Gramm Fleisch alleine machen noch nicht mal ansatzweise satt.
Was wir in Insekten nicht finden: Hormone und Antibiotika
Verwertbarkeit
Zunächst möchten wir festhalten, dass jährlich 100 Millionen Tiere jährlich getötet werden, weil sich die Aufzucht aus wirtschaftlichen Gründen nicht lohnt oder weil sie aufgrund der Haltungsbedingungen noch vor der Schlachtung sterben. Die 45 Millionen männliche Küken sind zwar das bekannteste Beispiel, aber auch männliche Milchrasse Kälber und zum Beispiel 16 % aller Ferkel landen so auf dem Müll.
Aber selbst wenn das Tier auf dem Teller landet, sind das nur 68 % (Hähnchen) bis 54 % (Rind) – Der Rest sind Nebenprodukte, die entweder anderweitig verarbeitet oder verbrannt werden. (Quelle: EU-Kommission). Andere Quellen sprechen von gerade mal 40 % Anteil an essbarem Anteil Rindfleisch.
Der essbare Anteil von Insekten liegt bei mindestens 80 % (Quelle: biooekonomie.de)
Hier geht der Punkt ganz deutlich an die Insekten!
Flächen- und Ressourcenverbrauch
Für die Fleischproduktion wird Land gebraucht. Konkret: Weideflächen und Futterproduktion. Dafür wird im schlimmsten Fall Regenwald abgeholzt und im günstigsten Fall wertvolle Fläche verschwendet. Denn natürlich ist nicht jede Fläche fruchtbar genug, um Gemüse und Co. anzubauen, aber ein Wald könnte auf vielen dieser Flächen allemal entstehen. Wir haben uns den Flächenverbrauch von Fleischproduktion hier bereits genauer angeschaut. Im Detail kannst Du das in der WWF Studie „Fleisch frisst Land“ nachlesen. 57 % unserer landwirtschaftlichen Fläche werden für Futtermittel verwendet – 16 Millionen Hektar stehen uns hierfür in Deutschland zur Verfügung. Aber wir brauchen zusätzliche 11 Millionen Hektar – und die finden wir im Ausland. (Quelle: Umweltbundesamt)
Der Raum den Insekten benötigen ist natürlich deutlich geringer. Nicht nur, dass sie nicht in riesigen Mastanlagen Fläche benötigen – eine Insektenfarm kann quasi auch im 17. Stock irgendeines Plattenbaus entstehen.
Aber, auch Insekten müssen natürlich gefüttert werden
Auf dem Speiseplan steht Getreideschrot, Kleie, Getreide-Keimlinge, Gras.
Aktuelle Zahlen sind hier schwer zu finden, der Markt blüht ja gerade erst auf. Da sich die Ernährungsgewohnheiten von Insekten wohl kaum geändert haben dürften, können wir auf Zahlen aus dem Jahr 2018 zurückgreifen: Die Produktion von 1 Kilo Insekten braucht 2 Kilo Futter.
Masttiere fressen pro Kilo Fleisch laut einer Studie der Vereinten Nationen:
Huhn: 4 Kilo
Schwein: 8 Kilo
Rind: 24 Kilo
Also kann man pauschal sagen: Die Produktion von Insekten verbraucht die Hälfte bis 1/12 der Futtermenge der Fleischproduktion.
Weitergedacht: Ein Blick auf den Brennwert zeigt aber, dass erst Sättigungsbeilagen Fleisch zu einer vollwertigen Mahlzeit machen und die verbrauchen noch mal zusätzliche Ressourcen. Wenn wir also Insekten vs Fleisch vergleichen, müssen wir auch das betrachten.
CO₂-Emissionen
55 % des gesamten Nahrungsmittelsektors gehen auf das Konto der Viehwirtschaft. Dazu gehört: Futtermittelproduktion, Verdauung der Tiere und Düngemittel-Lagerung und Verarbeitung. Dabei macht der Fleischanteil gerade mal 37 % der Protein- und 18 % der weltweiten Kalorienversorgung aus. (Quelle: Heinrich Böll Stiftung)
In konkreten Zahlen bedeutete das: In einem Kilo Rindfleisch stecken 13,3 kg Treibhausgase. Geflügel und Schwein 3,3 kg.
Bei Insekten sind es gerade mal 0,15 Kilo. Natürlich vorausgesetzt, dass sie auch hier gezüchtet werden.
Allergenes Potenzial
Wie sieht es eigentlich mit Allergien aus? Dass Eiweiß aus Insekten Allergien auslösen kann, gilt als sicher. Allerdings erfolgt die Reaktion beim Einatmen oder dem Hautkontakt. Das geschieht überwiegend bei der Herstellung in den Insektenarmen. Wie es beim Verzehr aussieht, wurde noch nicht ausreichend untersucht. Aber die Hinweise sind, mit Blick auf den asiatischen Raum, recht deutlich. (Quelle: mein-allergie-portal.com)
Aber Insekt ist nicht gleich Insekt. So werden allergische Reaktionen vor allem bei Mehlwürmern, verschiedene Schaben/Kakerlaken, Larven wie der Seidenraupe, Grashüpfern, Heuschrecken, Zikaden und Bienen beobachtet.
Offensichtlich lassen sich die allergenen Eiweißstoffe, anders als bei Hühnerfleisch, durch Hitze nicht vernichten.
Aber, auch das gehört zur Wahrheit: Auch Fleisch kann Allergien auslösen. Alpha-Gal heißt die Zuckerkette, die zum Beispiel in rotem Fleisch enthalten ist. Und genau das kann zu einer allergischen Reaktion führen. Gilt allerdings als selten (Quelle: Deutscher Allergie und Asthmabund). Vielleicht hast Du schon mal gehört, dass ein Zeckenbiss Fleischallergie auslösen kann. Dabei geht es genau um dieses Alpha-Gal.
Beim Vergleich Insekten vs Fleisch schneidet in dieser Disziplin Fleisch besser ab.
Diese Insekten Lebensmittel kannst Du bereits kaufen
Es wird wohl noch eine ganze Zeit dauern, bis wir wirklich frittierte Insekten serviert bekommen. Wenn das überhaupt hier passieren wird – Zu stark ist unsere kulturelle Prägung. Die ersten Schritte gehen über verarbeitete Produkte, die wir kennen und lieben, wie etwa Pasta, Snack-Riegel oder Burgerpatties. Wir möchten hier Unternehmen vorstellen, die bereits heute Insekten verarbeiten.
Zirp
Der Star bei den Pionieren aus Österreich ist der Buffalowurm. Auf dieser Basis gibt es neben den Fertigmischungen Falafel, Brownie, Pancakes und Hafterlaibchen, Burger auch Frucht-Proteinriegel und sogar Schokolade. Wer ganz mutig ist, kann sich hier auch die Buffalowürmer pur bestellen oder als reines Mehl. In Österreich sind die Produkte sogar in den Billa-Supermärkten erhältlich.
Kaufen bei → zirpinsects.com*
Beneto
Das start-up aus dem Schwabenländle stellt Pasta aus Grillen her. Ich habe Beneto Foods durch den großartigen Podcast Frau Bauerfeind rettet die Welt kennengelernt. Die High-Protein-Pasta hat es echt in sich: 40 Gramm Eiweiß auf 321 Kalorien. Neben den 15 % Grillenmehl bestehen die Nudeln aus Dinkel und Weizen.
Aktuell gibt es die Pasta in 3 Sorten: Natur, Steinpilz und Tomate. Ganz neu gibt es auch eine Brotbackmischung.
Kaufen bei → benetofoods.de | amazon.de*
Wir leben in einer Zeit, in der wir auf nichts verzichten müssen und trotzdem nachhaltig leben können. Das einzige, was wir tun müssen ist, den Blickwinkel zu ändern und unsere Prioritäten gerade rücken.