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Wie fair ist Fashion Made in Europe?

Fashion Made in Europe

Made in Europe steht für viele für hohe Standards und faire Bezahlung. Made in Europe ist für viele Fashion-Brands das alleinige Merkmal für Nachhaltigkeit. Aber stimmt das? Ist Made in Europe immer gleich nachhaltig? Ist Made in Bangladesch grundsätzlich schlecht? Wir klären auf.

Made in Bangladesch vs. Made in Europe

Es scheint ein Trend zu sein, dass man Made in Europe mit Nachhaltigkeit und fairen Arbeitsbedingungen gleichsetzt. Aber wie schon George Orwells Schafe wussten, „Vier Beine gut – Zwei Beine schlecht“ ist eine sehr engstirnige, pauschalisierende Aussage. Und so ist „Made in Bangladesch“ nicht automatisch nicht nachhaltig und „Made in Europa“ nicht automatisch gut. Häufig begegnen uns 3 Länder: Bangladesch, Serbien und Portugal.  Schauen wir uns das also mal im Detail an. Wir beziehen uns bei der fairen Bezahlung auf die realen Durchschnittslöhne und nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn. Dann wird schnell sichtbar, wo wir die Lohnlücke (Living Wage Gap) am größten sind, also den Unterschied zwischen erhaltenem Lohn und einem existenzsichernden Lohn.

Infografik: Warum die Lohnlücke geschlossen werden mussMade in Bangladesch

Bangladesch ist weltweit der zweitgrößte Exporteur von Textilien. 4-5 Mio. Menschen arbeiten in ca. 7.000 Fabriken und machen einen Anteil von 80 % des gesamten Exportes des Landes aus. (Quelle: saubere-kleidung.de)

Die Löhne in Bangladesch

  • Arbeiter*innen in der Textilindustrie in Bangladesch verdienen zwischen 75 und 140 Euro. Quelle: paylab.com
  • Der existenzsichere Lohn in Bangladesch liegt bei 186 Euro. (Quelle: Global Living Wage Coalition)

Die Arbeitsbedingungen in Bangladesch

Unabhängig von fairen Löhnen sind die generellen Arbeitsbedingungen essenziell. Etwa Gleichstellung, Kinderarbeit über Pausen – und Überstundenregelungen, Krankmeldungen, Mitarbeitervertretungen, Tageslicht bis hin zu Sicherheit. Prominentestes Beispiel ist sicher der Einsturz der Textilfabrik in Rana Plaza 2013. Die Gebäudesicherheit wurde seitdem tatsächlich verbessert – Die Arbeitsbedingungen nicht. Überstunden gehören in Bangladesch nach wie vor zur Tagesordnung. Zwei Überstunden sind dabei die Regel, aber viele arbeiten bis zu 100 Stunden pro Woche. (Quelle: Femnet.de)

Daneben gibt es auch immer noch Diskriminierung und von einer soliden Gesundheitsvorsorge sind wir meilenweit entfernt. Die Kosten für die Corona-Impfung wurden vom Gehalt abgezogen.

Gemeinsam mit dem GIZ wird aber auch vieles unternommen, was Hoffnung macht. Frauencafés und Rechtsberatung zum Beispiel.

Die Umweltstandards in Bangladesch

Es ist bekannt, dass die Textilbranche zu den schmutzigsten Industrien gehört. Besonders der asiatische Raum glänzt nicht gerade mit strengen Umweltstandards. Beim Färben werden giftige Chemikalien in Flüsse und am Ende in unsere Weltmeere gespült. Auch das Grundwasser wird in den Regionen immer stärker verschmutzt. Wir empfehlen an der Stelle die ZDF-Doku „Vergiftete Flüsse“

Der Burinanga gilt als einer der schmutzigsten Flüsse der Welt. Der Fluss ist so vergiftetet, dass kein einziges Tier mehr darin lebt. Von einer Nutzung ganz zu schweigen.

Zwar gibt es in Bangladesch einige Umweltauflagen, aber niemand nimmt das ernst – Die Fabriken ignorieren sie größtenteils und überwacht wird die Einhaltung nicht. Das GIZ setzt sich stark für Umweltstandards ein und unterstützt die Regierung in Bangladesch – Auch wenn das Ganze etwas anmutet wie ein Kampf gegen Windmühlen. Am Ende ist auch die Profitgier der westlichen Konzerne dafür verantwortlich – Umweltschutz kostet schließlich Geld.

Made in Serbia

Hinter Made in Europe steckt oftmals: Made in Serbien. Das europäische Billiglohnland entwickelt sich bei der Textilproduktion zu einem fetten Player. 2024 verzeichnet Serbien hier einen Umsatz von 1,47 Milliarden Euro – Tendenz steigend. (Quelle: statista.de)

Die Löhne in Serbien

  • Eine Näher*In verdient in Serbien im Schnitt 407 bis 425 Euro. Quelle: paylab.com
  • Laut WageIndicator.org liegt der existenzsichernde Lohn bei umgerechnet 550 Euro.

Arbeitsbedingungen in Serbien

Im EU Beitrittskandidat sind die Arbeitsbedingungen leider alles andere als gut.

Europaabgeordnete sprechen sogar von „Moderner Sklaverei“. Die serbische NGO A-11 hat herausgefunden, dass Arbeiter*innen aus Vietnam für eine chinesische Firma nach Serbien gebracht wurden, um dort zu arbeiten. Inklusive Einbehaltung von Reisepässen, also genauso wie man das in schlechten Fernsehkrimis immer sieht. 26 Tage pro Monat arbeiten diese Menschen dort, leben in Unterkünften, die eher Baracken sind und über fragwürdige sanitäre Anlagen verfügen.

Die Umweltstandards in Serbien

Auch hier werden Umweltauflagen weder kontrolliert noch eingehalten. Aber es formiert sich Widerstand, Umweltaktivisten erheben sich in Serbien, was durchaus Hoffnung macht. Natürlich kommt auch der Druck aus Brüssel hinzu, schließlich will Serbien in die EU, allerdings besteht auch eine gewisse Abhängigkeit zu China.

Made in Portugal

Portugal ist mit einem Umsatzvolumen von 7,06 Mrd. Euro noch einmal eine ganz andere Größe. Im Gegensatz zu Serbien ist Portugal Mitglied der EU. Gerade bei vielen Fair Fashion Labels ist Portugal die erste Wahl als Produktionsstandort.

Die Löhne in Portugal

  • In der Texti-, Leder und Bekleidungsindustrie liegt der Durchschnittslohn zwischen 906 und 2002 Euro. Quelle: paylab.com
  • Der existenzsichernde Lohn liegt bei 820 Euro (Quelle Wage Indicator)

Umweltstandards und Arbeitsbedingungen in Portugal

Als Mitglieder der EU ist Portugal an alle Regeln gebunden, die aus Brüssel kommen. Darin enthalten auch relativ hohe Umweltstandards und Arbeitsbedingungen. In Portugal arbeiten Gewerkschaften, genau wie bei uns.

FazitInfografik: Fazit Living Wage Gap

Grundsätzlich gilt: Faire Bezahlung ist keine Standortfrage. Man kann Arbeiter*innen überall auf der Welt fair bezahlen. Natürlich verdienen Arbeiter*innen in sogenannten Billiglohnländern weniger Geld – gemessen an den Lebenshaltungskosten spielt das aber am Ende keine Rolle.

Aber Made in Europe sagt erst mal nichts über eine faire Bezahlung aus oder eine nachhaltige Produktion aus. Made in EU (wie Portugal) hingegen ist ein klares Zeichen für Nachhaltigkeit, und Brands, die Portugal als Herstellungsland hervorheben, sind meist nachhaltige Modeunternehmen. Auch die historische Erfahrung bei der Schuhproduktion macht Portugal zu einem beliebten Produktionsstandort für Schuh – und Sneaker-Labels.

Wir würden Serbien als Feigenblatt bezeichnen, da „Made in Europe“ gut klingt, aber die Verhältnisse, was den Lohn angeht, kaum besser sind als Bangladesch.
Aber trotzdem gilt auch hier: Made in Serbien kann auch nachhaltig sein, man muss aber genauer hinschauen.

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