Recyceltes Polyester in Kleidung scheint ein heißer Nachhaltigkeitstrend sein. Wir sehen das kritisch und möchten erklären, warum wir selbst recyceltes Polyester in Kleidung nicht unterstützen und wo das Problem liegt und wägen Vor- und Nachteile von recyceltem Polyester ab.
Wie wird aus Plastikflaschen recyceltes Polyester?
Schauen wir uns im ersten Schritt an, wie die rPET Faser hergestellt wird.
Sammeln → Sortieren → Zerkleinern → Wachen → Schmelzen → Granulieren → Faserherstellung → Weiterverarbeitung zu Garn
Wir finden recyceltes Plastik auch in Outdoorkleidung, Sneakern und Rucksäcken. Kritisch sehen wir aber vor allem bei Kleidung – deshalb konzentrieren wir uns hier auch auf recyeltes Polyester in Kleidung!
Vorteil: Ressourcenverbrauch
Wir verglichen an der Stelle Baumwolle mit einem Kleidungsstück aus recyceltem Polyester.
Der Vergleich zwischen recyceltem Polyester (rPET) und Baumwolle zeigt deutliche Unterschiede beim Ressourcenverbrauch. Klarer Punktsieg für rPET. Der Vorteil wird bei konventioneller Baumwolle noch deutlicher.
Wassereinsparung
- rPET: Fast kein zusätzliches Wasser nötig (nur für Reinigung der Flaschen).
- Baumwolle: Extrem wasserintensiv – ca. 10.000 bis 20.000 Liter Wasser pro Kilogramm Baumwolle, je nach Anbaugebiet.
Flächenverbrauch
- rPET: Keine landwirtschaftliche Fläche nötig.
- Baumwolle: Benötigt große Anbauflächen, oft in wasserarmen Regionen.
Energieverbrauch
- rPET: Herstellung benötigt weniger Energie als neues Polyester, aber mehr als Baumwolle.
- Baumwolle: Anbau braucht relativ wenig Energie, aber Ernte, Transport und Verarbeitung erhöhen den Verbrauch.
CO2-Emissionen
- rPET: Spart bis zu 50% CO2 im Vergleich zu neuem Polyester.
- Baumwolle: CO2-Emissionen sind je nach Anbauform (konventionell oder bio) unterschiedlich, aber generell niedriger als bei Polyester.
Bio-Baumwolle vs. recyceltes Polyester
Ressource / Faktor | Recyceltes Polyester (rPET) | Bio-Baumwolle | Einsparung durch rPET |
---|---|---|---|
Wasserverbrauch | ca. 2 – 5 Liter pro kg (Reinigung) | ca. 7.000 – 10.000 Liter pro kg | bis zu 99% weniger Wasser |
Flächenverbrauch | 0 m² | ca. 20 – 30 m² pro kg | 100% weniger Flächenbedarf |
Energieverbrauch | ca. 25 – 30 kWh pro kg | ca. 15 – 25 kWh pro kg | Ähnlich (leicht höher bei rPET) |
CO2-Emissionen | ca. 3,5 – 4 kg CO2 pro kg | ca. 1,5 – 2,5 kg CO2 pro kg | rPET verursacht mehr CO2 |
Pestizideinsatz | 0 | 0 (Bio!) | kein Vorteil – beide pestizidfrei |
Düngemittel | 0 | nur organische Dünger | – |
Biologische Abbaubarkeit | nicht biologisch abbaubar | biologisch abbaubar | Bio-Baumwolle klar im Vorteil |
Mikroplastik-Risiko | hoch | sehr gering | Bio-Baumwolle klar im Vorteil |
Nachteil: Mikroplastik-Abrieb
Klamotten landen regelmäßig in der Waschmaschine und Plastik, das ordentlich durchgewirbelt wird, löst sich nun mal ab. Egal, ob recycelt oder nicht. Und genau das ist das Problem. Konkret bedeutet das:
Durchschnittswerte Mikroplastik-Freisetzung pro Waschgang
Textiltyp | Mikroplastik pro Waschgang (bei 5 kg Wäsche) |
---|---|
Neues Polyester-Fleece | ca. 700.000 – 1.000.000 Fasern |
Polyester-Mischgewebe | ca. 300.000 – 500.000 Fasern |
Recyceltes Polyester | ähnlich wie neues Polyester, teils etwas höher aufgrund kürzerer Fasern – ca. 600.000 – 800.000 Fasern |
Umgerechnet in Gewicht
- Pro Waschgang können das etwa 0,2 – 1 Gramm Mikroplastik sein.
- Auf ein Jahr hochgerechnet (ca. 50 Waschgänge) bedeutet das bis zu 50 Gramm Mikroplastik pro Kleidungsstück.
Warum recyceltes Polyester oft mehr Fasern verliert
- Recycelte Fasern sind meist kürzer und brüchiger als neue Fasern.
- Besonders Fleece und Grobgestricktes verlieren mehr Mikrofasern als glatte Stoffe (z. B. Softshell).
Was hilft?
- Weniger waschen
- Niedrigere Temperaturen
- Guppyfriend-Waschbeutel (fängt bis zu 90% der Fasern ab)
- Verzicht auf Fleece & Synthetik bei Funktionskleidung, wo möglich
Aber, Aber die Kläranlagen!
Da höre ich es schon in den Ohren klingeln. Ja, eine ordentliche Menge Mikroplastik wird von modernen (!) Kläranlagen
- Moderne Kläranlagen (in Deutschland & EU) entfernen ca. 80 – 95 % des Mikroplastiks aus dem Abwasser.
- Kleinstpartikel (< 100 Mikrometer) sind besonders schwer zu entfernen – hier liegt die Filterleistung oft nur bei 60 – 70%.
- Viele Mikrofasern (wie die aus Polyesterkleidung) sind so fein, dass sie teilweise durch die Filter rutschen.
Wo landet das Mikroplastik aus der Kläranlage?
- Teilweise ins gereinigte Wasser (Flüsse, Seen, Meer).
- Großer Teil bleibt im Klärschlamm – dieser wird oft als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt, wodurch Mikroplastik wieder in Böden und Gewässer gelangt.
Du erkennst das Problem? Mikroplastik ist eben nicht weg, nur weil es von einer Anlage rausgefiltert wurde – Es bleibt im Kreislauf und landet am Ende über wieder in unserer Nahrungskette.
Nachteil: Eingriff in den Recyclingkreislauf
Altes Plastik wiederverwenden klingt in unseren Ohren immer schön. Aber es ist ja nicht so, dass die Plastikflaschen zu Müll werden, nachdem sie zurückgegeben werden. Wir greifen also in einen funktionierenden Kreislauf ein! 11 % der recycelten PET Flaschen werden zu Textilfasern.
1. Flaschenkreislauf wird unterbrochen
- PET-Flaschen haben eigentlich einen geschlossenen Recyclingkreislauf:
Eine alte Flasche wird zu einer neuen Flasche – das nennt man Bottle-to-Bottle-Recycling. - Wenn die Flaschen zu Textilfasern verarbeitet werden, verlassen sie diesen Kreislauf.
- Textilfasern lassen sich schlechter recyceln als Flaschen, vor allem wenn sie mit anderen Fasern (z. B. Baumwolle) gemischt werden.
- Aus einer Fleecejacke wird am Ende kein neues Kleidungsstück mehr – meist endet sie als Müll oder wird verbrannt.
2. Downcycling statt Recycling
- Flasche → Textilfaser = Downcycling
(hochwertiges Material wird zu minderwertigem Produkt mit kürzerer Lebensdauer) - Flasche → Flasche = echtes Recycling
(Material bleibt in gleicher Qualität erhalten)
3. Ressourcenkonkurrenz
- Wenn Modeunternehmen massenhaft rPET aus Flaschen verwenden, fehlt dieses Material für die Getränkeindustrie, die für ihre Flaschen ebenfalls auf recyceltes PET angewiesen ist.
- Das kann dazu führen, dass die Getränkeindustrie wieder vermehrt neues (Virgin) PET verwendet – also aus Rohöl herstellt.
4. Scheinlösung für die Textilindustrie
- rPET aus Flaschen wird oft als „grüne Lösung“ vermarktet, aber es löst das eigentliche Problem nicht:
- Textilmüll wird nicht weniger.
- Textilien aus rPET lassen sich kaum wieder recyceln.
- Mikroplastik entsteht trotzdem beim Waschen.
Was ist mit „Meeresplastik“ ?
Der Begriff „Meeresplastik“ ist ja in verschiedenen Ausführungen sehr beliebt und ja, da sollten direkt die Alarmglocken klingeln – Wir erinnern uns alle an den Greenwashing-Skandal um GotBag.
1. Was bedeutet Meeresplastik eigentlich?
- Echte Definition: Plastik, das bereits im Meer oder an Stränden gelandet ist und aus dem Ozean geborgen wird.
Es ist sehr aufwendig, dieses Plastik aufzubereiten – oft ist es gar nicht möglich, weil zu viele Ablagerungen dabei sind. - Marketing-Definition (oft verwässert): Plastik, das in Küstenregionen oder Flussnähe gesammelt wird, bevor es überhaupt im Meer landet.
Viele Marken werben mit „Meeresplastik“, obwohl das Material nie wirklich im Wasser war.
2. Woher stammt es?
Hauptquellen für sogenanntes „Meeresplastik“:
- Strandmüll (beispielsweise aus Tourismus)
- Abfall aus Fischerei (Netze, Seile)
- Plastik aus Küstengebieten und Flüssen in Ländern mit schlechter Abfallinfrastruktur
Viel von dem Material stammt aus asiatischen oder afrikanischen Küstenregionen, weil dort Müll oft direkt ins Meer gelangt.
3. Was wird wirklich daraus?
Am häufigsten wird „Meeresplastik“ zu:
- rPET-Fasern für Textilien (z. B. Fleecejacken, Sneaker)
- Verpackungen (Flaschen, Tüten)
- Mode-Accessoires (Rucksäcke, Taschen)
Achtung: Nur ein kleiner Teil stammt wirklich direkt aus dem Ozean – viel häufiger handelt es sich um „Ocean Bound Plastic“, also Plastik aus bis zu 50 km Küstenstreifen.
4. Problem: Greenwashing-Gefahr
- „Meeresplastik“ klingt nach Umweltretter-Image, aber:
- Wenn das Plastik vor der Verwertung verbrannt oder downgecycelt wird, bringt es wenig.
- Plastikfischen bekämpft nicht die Ursache – wir produzieren immer noch viel zu viel Einwegplastik.
- Viele „Meeresplastik“-Produkte sind nicht kreislauffähig und landen nach Gebrauch im Müll.
5. Bessere Lösungen?
- Vermeidung von Plastik an der Quelle.
- Kreislauffähige Systeme schaffen (Flasche zu Flasche statt Flasche zu Pulli).
- Transparenz fordern – echtes Meeresplastik vs. Küstenplastik klar kennzeichnen.
„Meeresplastik“ kann helfen, Aufmerksamkeit auf die Müllproblematik zu lenken. aber einfach nur Müll aus dem Meer fischen, um daraus neue Plastikprodukte herzustellen, ist nicht die Lösung!
Fazit: Ist recyceltes Polyester in Kleidung nachhaltig?
Nein! Allein wegen des Mikroplastik-Abriebs gehört Plastik nicht in Kleidung – egal, ob recycelt oder neu! Zumal es bei Alltagskleidung nachhaltige Alternativen gibt (Baumwolle, Bambus, Tencel…)
Anders sehen wir das bei Funktionskleidung – Hier sind die Eigenschaften ausschlaggebend und wer zum Beispiel Merinowolle nicht verträgt oder mag (Veganer), der hat schlicht keine Alternativen – Jeder, der schon mal exzessiv Sport in einem T-Shirt aus Baumwolle gemacht hat, weiß, wovon ich rede.
Bei Schuhen und Accessoires (Taschen & Rucksäcke), halten wir recyceltes Polyester für nachhaltig. Schließlich landet das nicht ständig in der Waschmaschine und wenn das rPET aus vernünftigen Quellen stammt, gibt es hier nichts dagegen einzuwenden.
Wir leben in einer Zeit, in der wir auf nichts verzichten müssen und trotzdem nachhaltig leben können. Das einzige, was wir tun müssen ist, den Blickwinkel zu ändern und unsere Prioritäten gerade rücken.