Seit 2023 gibt es in Deutschland das Lieferkettengesetz. Bürokratiemonster sagen die einen – viel zu lasch sagen die anderen. BlackRot möchte das deutsche Gesetz ganz abschaffen. Nur, wozu? denn noch 2025 soll ein entsprechendes Gesetz auf EU Ebene verabschiedet werden. Wir halten Bürokratieabbau ja auch für eine tolle Sache, aber muss man damit wirklich bei Menschenrechten anfangen? Wir schauen uns die Vor- und Nachteile genauer an, beleuchten die Kritik daran und verraten Dir, wer dagegen und wer dafür ist.
Was ist das Lieferkettengesetz?
Das Lieferkettengesetz (offiziell: Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten) verpflichtet Unternehmen in Deutschland dazu, Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer Lieferketten zu übernehmen
- Gültig seit: 1. Januar 2023
Wen betrifft’s?: Anfangs Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitenden, seit 2024 auch ab 1.000 Mitarbeitenden
Was müssen Unternehmen tun?
Risiken in der Lieferkette analysieren
Maßnahmen zur Vermeidung und Behebung treffen
Beschwerdemechanismus einrichten
Berichte veröffentlichen
Ziele: Schutz vor Kinderarbeit, Ausbeutung, Umweltzerstörung und anderen Menschenrechtsverletzungen – nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch bei Zulieferern
Das Gesetz gilt als wichtiger Schritt gegen Greenwashing und für mehr Transparenz im globalen Handel.
Unterschied zum EU-Gesetz
Das EU-Gesetz geht deutlich weiter als das deutsche, so bezieht die EU die gesamte Lieferkette mit ein (inkl. indirekter Zulieferer) und sieht eine rechtliche Haftung vor. Man könnte also sagen: Das deutsche Lieferkettengesetz ist die Vorstufe zu zur EU Richtlinie. Wie sinnvoll es ist, das deutsche Gesetz für knapp ein Jahr abzuschaffen um dann ein deutlich strengeres Gesetz einzuführen, können wohl nur die Experten rund um unseren Kanzlerazubi beantworten. Korrekter Name, der Vollständigkeit wegen, lautet übrigens Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und soll 2025/2026 in Kraft treten.
🇩🇪 Deutschland | 🇪🇺 EU (geplant) |
---|---|
ab 1.000 MA in DE | ab 500 MA & 150 Mio. Umsatz (EU/Global) |
primär direkte Zulieferer | gesamte Lieferkette (inkl. indirekter) |
keine zivilrechtliche Haftung | zivilrechtliche Haftung möglich |
Umweltstandards (begrenzter Umfang) | zusätzlich: Klimaplan erforderlich |
nur deutsche Firmen | auch Nicht-EU-Firmen mit EU-Geschäft |
2023 | geplant ab 2025/2026 |
Pro und Kontra Lieferkettengesetz
Mein Herz kennt akzeptiert keinen einzigen Kontra-Grund – Mein Hirn denkt da etwas differenzierter und alle Bedenken einfach wegzuwischen hilft niemandem.
Pro – Vorteile des Lieferkettengesetzes
Argument | Erklärung |
---|---|
Schutz von Menschenrechten | Verhindert Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Ausbeutung in globalen Lieferketten. |
Fairer Wettbewerb | Unternehmen, die bereits auf Nachhaltigkeit achten, werden nicht länger benachteiligt. |
Mehr Transparenz | Firmen müssen Risiken identifizieren und offenlegen – das schafft Vertrauen. |
Vorbereitung auf EU-Richtlinie | Das Gesetz bietet eine gute Grundlage für kommende EU-Vorgaben. |
Gesellschaftliche Verantwortung | Unternehmen tragen Mitverantwortung für globale Standards, nicht nur für Profite. |
Signalwirkung international | Deutschland positioniert sich als Vorreiter für menschenrechtliche Standards. |
Kontra – Kritik am Lieferkettengesetz
Argument | Erklärung |
---|---|
Bürokratieaufwand | Unternehmen, besonders der Mittelstand, beklagen hohen Verwaltungsaufwand. |
Rechtsunsicherheit | Viele Regelungen gelten als unklar, z. B. bei Haftung oder Kontrolle von Zulieferern. |
Wettbewerbsnachteile | Firmen in Ländern ohne vergleichbare Gesetze könnten günstiger produzieren. |
Nur große Unternehmen betroffen | Kleine Unternehmen sind außen vor, obwohl sie oft Teil der Lieferketten sind. |
Schlupflöcher bei indirekten Zulieferern | Bei tieferen Lieferketten reicht oft eine allgemeine Risikoanalyse. |
Keine Klagemöglichkeit für Betroffene | Menschenrechtsverletzungen können nicht direkt vor Gericht gebracht werden. |
Welche Unternehmen sind für das Lieferkettengesetz?
Ca zwei Drittel der deutschen Unternehmen erfüllen bereits die Bedingungen des Lieferkettengesetzes. Einige Unternehmen setzen sich besonders stark für das Gesetz ein. Dazu gehört auch ein Konzern, der uns hier überrascht hat und wir mussten uns die Augen reiben, als wir Nestlé in der Liste gelesen haben. Ja, genau, jenem Konzern, dem wir hier ja gerne mal eins überbraten.
Quelle: tageschau.de
- Aldi Süd
- Bayer
- Mars
- Tchibo
- KIK
- Vaude
- Ritter Sport
- Nestlé Deutschland
- Hapag Lloyd
Weniger Prominent sind hier natürlich die Unternehmen, die eine faire Lieferkette tief in ihrer DNA verankert haben, wie zum Beispiel Hersteller nachhaltiger Sneaker, Outdoorausrüstung, Fair Fashion und nachhaltiger Rucksäcke
Welche Unternehmen sind gegen das Lieferkettengesetz?
Auch hier versteckt sich eine Überraschung. Gibt sich DM doch immer sehr grün und nachhaltig – Aber der Geschäftsführer Christoph Werner bezeichnet das Lieferkettengesetz als „übergriffige Art, Politik zu betreiben“
Daneben spricht sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und einzelne mittelständische Unternehmen gegen das Gesetz aus.
Welche Partei hat welchen Standpunkt?
Die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien haben unterschiedliche Positionen zum Lieferkettengesetz:
SPD: Setzt sich aktiv für ein strenges Lieferkettengesetz ein, das Unternehmen zur Verantwortung zieht, Menschenrechte und Umweltstandards entlang ihrer Lieferketten einzuhalten. Die SPD betont die Notwendigkeit von Haftungsregelungen und möchte, dass das Gesetz nicht nur für sehr große Unternehmen gilt. SPD-Bundestagsfraktion
Bündnis 90/Die Grünen: Unterstützen grundsätzlich das Lieferkettengesetz, haben jedoch Bedenken hinsichtlich der praktischen Umsetzung. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kritisierte die umfassenden Berichtspflichten und forderte eine Neuausrichtung, um Unternehmen nicht übermäßig zu belasten. DIE WELT
FDP (nicht mehr im aktuellen Bundestag): Kritisiert das Lieferkettengesetz als bürokratisch und fordert dessen Abschaffung. Sie plädiert für eine schlanke Umsetzung der EU-Regulierung und ein Moratorium für neue bürokratische Belastungen für Unternehmen. FDP
AfD: Lehnt das Lieferkettengesetz entschieden ab und fordert dessen ersatzlose Abschaffung. Sie argumentiert, dass das Gesetz deutsche Unternehmen benachteiligt und die Verantwortung für Menschenrechtsstandards nicht auf Unternehmen abgewälzt werden sollte. afd.de
CDU/CSU: Während der Regierungszeit der Großen Koalition unterstützte die Union das Lieferkettengesetz grundsätzlich, setzte sich jedoch für weniger strenge Regelungen und Bürokratie ein. Sie plädierte für eine Balance zwischen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und wirtschaftlicher Praktikabilität.
Die Linke: Obwohl keine spezifischen Informationen aus den bereitgestellten Quellen vorliegen, setzt sich Die Linke traditionell für starke Regulierungen zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt ein. Es ist daher wahrscheinlich, dass sie ein striktes Lieferkettengesetz befürwortet.
Warum ist es sinnvoll, das Lieferkettengesetz beizubehalten?
Vorlauf nutzen: Unternehmen sammeln schon jetzt Erfahrung mit Sorgfaltspflichten – eine gute Vorbereitung auf die kommende EU-Richtlinie.
Signalwirkung: Das Gesetz zeigt, dass Deutschland es ernst meint mit Menschenrechten und Nachhaltigkeit.
Verlässlichkeit: Ein Hin und Her sorgt für Unsicherheit – besonders bei international tätigen Firmen. Unternehmen haben gereits Strukturen geschaffen und Geld investiert – EIne Abschaffung des Gesetzes belohnt vor allem jene Konzerne, denen Menschenrechte nicht wichtig sind.
Schutz bleibt wichtig: Menschenrechte und Umweltschutz sind keine Themen für Pausen oder Übergangsphasen.
Wir leben in einer Zeit, in der wir auf nichts verzichten müssen und trotzdem nachhaltig leben können. Das einzige, was wir tun müssen ist, den Blickwinkel zu ändern und unsere Prioritäten gerade rücken.