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Wer nachhaltig leben will, stößt irgendwann auf die Frage „Ist es sinnvoll, Wasser in Flaschen nach Hause zu schleppen?“ Ich habe die Frage längst mit einem klaren NEIN beantwortet und trinke seit Jahren nur Leitungswasser. Es gibt gute Gründe, Leitungswasser dem Flaschenwasser vorzuziehen. Darum soll es in diesem Artikel gehen. Ursprünglich war dieser Abschnitt Teil unseres Artikels über nachhaltige Trinkflaschen.
Warum genießt Leitungswasser oft einen schlechten Ruf?
65 % der Deutschen trinkt täglich Mineralwasser, damit ist Deutschland der mit Abstand Weltmeister. Hierfür können wir aus 500 Marken wählen. 200 Betriebe erwirtschaften jährlich einen Umsatz von über 13.000 Mio. € (Quelle: Verband Deutscher Mineralbrunnen e.V.) Pro Kopf trinken wir Deutschen 131 Liter Mineral und Heilwasser pro Jahr.
Die Gründe sind vielfältig: „schmeckt mir nicht“, „Unser Wasser ist dafür zu kalkhaltig“, „ist mir zu unhygienisch“, „in Mineralwasser sind mehr Mineralstoffe drin“. Das sind alles Argumente, die man auf die Frage „Warum trinkst Du kein Leitungswasser?“ bekommt. Der erste Grund ist subjektiv und sei jedem selbst überlassen. Alle weiteren Argumente stimmen so nicht.
Die Qualität von Leitungswasser
Leitungswasser unterliegt strengen Auflagen und hat in Deutschland überall eine gute Qualität. Da aber Leitungswasser nicht wie Mineralwasser von natürlichen, geschützten Quellen stammt, ist es erst mal anfälliger für Nitrate, Pestizide und andere Chemikalien. Aber das Wasser wird ja aufbereitet, bevor es aus unserer Leitung sprudelt. Tatsächlich ist aber auch Mineralwasser vor diesen Schadstoffen nicht unbelastet. Beides wird jedenfalls streng kontrolliert – die Trinkwasserverordnung ist aber sogar strenger als die Mineralwasserverordnung.
Problematisch ist die „Letzte Meile“. Also die Leitungen, die im Haus verbaut wurden. Bis 1973 wurden etwa auch Bleileitungen verlegt. Antworten liefert Dir der Eigentümer oder die Hausverwaltung. Das Fraunhofer-Institut schreibt dazu, dass folgende Problembereiche auftreten können.
- Nickel-, Zink- oder Chrombelastungen aus Armaturen
- Blei-, Kupfer- oder Eisenbelastungen aus Leitungen
- Erhöhte Natriumwerte bei Einsatz von Wasserenthärtungsanlagen
- Keimbelastungen bei stehendem Wasser oder Eintrag durch Bauarbeiten
- Nitrat- oder Phosphatüberschreitungen und Keimbelastungen bei Hausbrunnen, z. B. durch Einträge aus der Landwirtschaft
Der im Leitungswasser enthaltene Kalk bildet hier übrigens eine Art Schutzschicht.
Tipp, wenn Du länger nicht zu Hause warst: Einfach etwas Wasser aus dem Hahn laufen lassen, bevor Du davon trinkst. Damit spülst Du in der Leitung stehendes Wasser einfach durch.
Mineralwasser vs. Leitungswasser am Beispiel Berlin
Ein Vergleich des Mineralstoffgehaltes von dem Berliner Leitungswasser (Quelle: klassewasser.de)mit dem bekanntesten Mineralwasser in Deutschland – Gerolsteiner, zeigt, dass sich Leitungswasser da nicht verstecken muss. Natürlich hat Gerolsteiner bei fast allen Mineralien einen höheren Gehalt, aber so hohe Werte sind auch gar nicht notwendig, da wir den viel größeren Teil der Mineralstoffe über die feste Nahrung aufnehmen.
Beispiel: Ein Liter Gerolsteiner enthält beispielsweise 1⁄3 des Tagesbedarfs an Calcium. Mit 3 Litern wäre der also gedeckt. Calcium ist aber ebenfalls enthalten in Gemüse, Milchprodukte, Tofu, Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, Samen. Bei einer ausgewogenen Ernährung spielt das Wasser nur eine untergeordnete Rolle.
Mineralstoffe (mg/l | Berliner Wasser | Gerolsteiner Naturell |
---|---|---|
Calcium | 116 | 348 |
Magnesium | 11 | 108 |
Kalium | 5 | 11 |
Natrium | 37 | 17 |
Chlorid | 57 | 40 |
Eisen | < 0,03 mg | |
Sulfat | 113 | 38 |
Hydrogencarbonat | 262 | 3144 |
Quellen: Berliner Wasserbetriebe ; Gerolsteiner.de
Leitungswasser testen
Kann man machen, muss man aber nicht. Genaue Werte findest Du bei Deinem regionalen Wasserversorger. Solltest Du dennoch einen unabhängigen Wassertest machen wollen, kannst Du das beispielsweise über das AQA-Online machen. Das österreichische Unternehmen untersucht Trinkwasser unter anderem auch für das Fraunhofer-Institut.
Besonders ratsam ist das, wenn Du Beschwerden hast oder das Wasser für Säuglingsnahrung verwenden willst.
Der Preis von Wasser
Mineralwasser kostet das Hundertfache. Geld, das man anders sinnvoller anlegen könnte.
Gerade mal 0,2 Cent kostet ein Liter Leitungswasser im Schnitt.
Dagegen kostet ein Liter Saskia Wasser (LIDL) 0,19 € pro Liter.
Flaschenwasser schadet der Umwelt
Unschlagbar ist Leitungswasser mit Blick auf die Ökobilanz und Nachhaltigkeit. Herstellung, Wasserflaschen, Transport, Recycling oder Entsorgung: Das alles führt dazu, dass Mineralwasser eine 600 Mal höhere Klimabelastung darstellt als Leitungswasser. Mehrweg-Plastikflaschen sind zwar besser als ihr Ruf, aber richtig umweltfreundlich sind auch die nicht. Von Tonnen an Kunststoff-Müll durch Einwegflaschen ganz zu schweigen. Würde jeder in Deutschland statt Flaschenwasser Leitungswasser trinken, wäre die CO₂-Ersparnis das 1,5-fache des innerdeutschen Flugverkehrs – Wenn das mal kein effektiver Umweltschutz ist?
Wir leben in einer Zeit, in der wir auf nichts verzichten müssen und trotzdem nachhaltig leben können. Das einzige, was wir tun müssen ist, den Blickwinkel zu ändern und unsere Prioritäten gerade rücken.